Hardware-Projekt HW08


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Evolvable Hardware 6:

Photonische Evolutionäre Hardware (PEHW)


 

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Photonen als Informationsträger

Evolutionäre Hardware wird standardmässig als elektronische Hardware betrachtet (siehe alle Arbeiten in Sipper et al. (1998)). Das Hardware-Projekte HW06 hat darauf hingewiesen, dass auch andere physikalische Prozesse wie magnetoelektronische Hardware (Spin-Transistoren) in der Lage sein könnten, durch evolutionäre Prozesse konfigurierbare Strukturen zu ergeben, mit denen Berechnungen durchgeführt werden können. Die Untersuchungen von Nicht-Standard-Materialien im Rahmen des Hardware-Projektes HW07 deuten in die gleiche Richtung, wobei dort jedoch in erster Linie Nicht-Standard-Materialien für den Einsatz als elektronische bzw. magnetoelektronische Hardware untersucht werden sollte.

In diesem Hardware-Projekt soll der Rahmen elektromagnetischer Wechselwirkungen nicht verlassen werden, wobei jedoch keine Elektronen als Informationsträger betrachtet werden sollen, sondern Photonen, dem Teilchen, das die elektromagnetische Kraft überträgt. Es soll sich hier auf Photonen-Optik beschränkt werden, d.h. die Nutzung der Welleneigenschaften von anderen Teilchen wie z.B. Elektronen, und die daraus folgende Elektronen-Optik, soll unberücksicht bleiben. Aus diesem Grunde soll die Evolutionäre Hardware nicht als Optische EHW, sondern als Photonische Evolutionäre Hardware (PEHW) bezeichnet werden.

Teilprojekte

Die Bezeichnung PEHW kann folgende Bedeutungen besitzen, die im weiteren beschrieben werden, und die als Teilprojekte des Hardware-Projektes HW08 betrachtet werden können:

1) Unterstützung von EA durch photonische Hardware.

2) Konfiguration von photonischer Hardware durch EA.

2.1) Photonische GP-Systeme.

2.2) Photonische FPGAs.

3) Evolutionäre Suche nach neuen photonischen Prozessorelementen bei gegebenen Materialien.

4) Evolutionäre Suche nach neuen photonischen Materialien.

Vorteile photonischer Systeme und insbesondere von EA-Implementierungen

Elektromagnetische Wellen breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit in den jeweiligen Medien aus, d.h. mit der grösst möglichen Geschwindigkeit, die in diesem Medium realisierbar ist. Elektrone in Leitungen bewegen sich dagegen mit einer wesentlich geringeren Geschwindigkeit als Photone in Luft oder einem photonischen Gitter.

Es existieren Lasersysteme, die im Femto-Sekundenbereich (10^-15sec) arbeiten. Könnten photonische Systeme mit solchen Lasern und entsprechend schnell arbeitenden optischen Prozessorelementen erzeugt werden, so besteht ein Potential einer Performance-Verbesserung gegenüber elektronischer Systeme von bis zu 10^5.

Photonische Systeme sind ein Ansatz, um Quanten-Computer und Quanten-Kommunikation mit Methoden der Quanten-Optik zu implementieren, wobei die Abschirmung von störenden Einflüssen, die zur Dekohärenz führen, innerhalb von photonischen Kristallen besonders hervorzuheben ist (siehe hierzu z.B. Arbeiten von Sajeev John). Denkbar sind dabei physikalische Systeme, die nicht notwendig eine Top-Down-Strukturierung im Bereich von 10 - 20 nm erfordern, da Operationen mit Photonen von den verwendeten Wellenlängen abhängen, die mehrere hundert nm sind, sodass entsprechende Processingeinheiten bereits heute fertigbar sind, wenn ihre strukturellen Eigenschaften bekannt wären. Ohne dass dies in dem betrachteten Projekt ausgeführt werden soll, existieren konzeptuelle Analogien zwischen evolutionären Systemen und Quanten-Systemen, die für die Implementierung eines Evolutionären Quanten-Computers genutzt werden können, wie z.B. die Interpretation einer Superposition von Lösungen als Population, bzw. die Messung als Selektion. Könnten durch optische Quanten-Gates Verarbeitungsschritte wie Rekombination, Mutation und Evaluation erzeugt werden, so wäre dies bereits hinreichend für einen Evolutionären Quanten-Computer.

Photonische Systeme besitzen ein grosses Potential zur Erzeugung paralleler Implementierungen, da Photonenbahnen überkreuzt werden können, ohne dass es zu einer Störung kommt, weil Photonen eine elektrische Ladung von Null besitzen. Im Gegensatz hierzu stehen Leiterbahnen in elektronischen Systemen, die voneinander isoliert werden müssen, da Elektronen durch ihre elektrische Ladung von -1 miteinander wechselwirken. Im Rahmen von (nicht-pulskodierten) Feedforward-Neuronalen Netzen ist eine vollständige Vernetzung von nachfolgenden Schichten daher in elektronischer Hardware bei grösseren Netzen nicht möglich, da einfach kein Platz für die isolierten Verbindungsleitungen vorhanden ist. Würde die Verbindung zwischen den Neuronen durch optische Systeme realisiert (optische oder optoelektronische NN (siehe Denz (1998)), so kann eine Vollvernetzung wegen der Überkreuzbarkeit realisiert werden.

Optische Systeme wie z.B. Volumenhologramm,e besitzen sehr hohe Speicherdichten. So können im Volumen eines Zuckerwürfels eines Lithiumniobat-Kristall (LiNbO3) Terrabytes gespeichert werden, wobei die Lesegeschwindigkeit mehrere GB/sec beträgt. Denkbar sind 2D-Arrays von Volumenhologrammen, die Petabytes speichern, sodass ein Holographie-Speichersystem denkbar ist, in dem Populationen von Milliarden von Individuen bzw. grosse Hierarchien von Populationen zirkulieren. Ein solches System wäre ein Zwischenschritt zwischen Software-Simulationen auf digitaler elektronischer Hardware und In-Vitro-RNA- oder DNA-Evolutionssystemen, in denen sich bis zu 10^15 Moleküle befinden können. Als Ansatzpunkt könnten effiziente Holographie-Speichersysteme stehen, wie sie z.B. von Prof. Dr. Tschudi am Institut für Angewandte Physik der TU Darmstadt entwickelt werden, die zudem die Möglichkeit der direkten Verarbeitung der Daten besitzen. Werden Bilder gespeichert, so können diese ohne Absinken der Ausleserate subtrahiert, addiert und invertiert werden, d.h. es sind Verarbeitungsoperationen zumindest im Prinzip anwendbar, die für Reproduktionsoperationen (Mutation, Rekombination) und Evaluation benutzt werden könnten, wobei diese Eignung in einem Teilprojekt geprüft werden soll (siehe EA-Bestandteile und ihre photonische Implementierung).

Es werden weltumspannende photonische Hochleistungsnetze geplant und gebaut, die auch für verteilte EA von grossem Nutzen sind. Liegen Individuen kodiert in optischer Form vor, so können diese direkt über entsprechende Netze ausgetauscht werden, sodass grosse verteilte Multi-Populationsstrukturen und komplexe Ökosysteme von EA-Individuen realisierbar und effizient ausführbar werden.

Grosse parallele Systeme in elektronischer Hardware zu implementieren, ist aufgrund der Energieverluste von Elektronen in Leitungen ein Problem, da grosse Energieleistungen zugeführt werden müssen. Durch Energieverluste der Elektronen erwärmt sich die Hardware, mit der Folge, dass die Wahrscheinlichkeit von Fehlern steigt, und die Systemperformance sinkt. Dies erfordert wärmeableitende Systembestandteile wie Ventilatoren, Kühlkörper oder Mikrosystem-Kanalsysteme mit Strukturen in der Grösse von 10 - 20 µm, in denen Kühlflüssigkeiten zirkulieren (siehe nachfolgende Abbildung; Sandia National Laboratories):

Innovative Kühlsysteme wie diese Kanalsysteme, die noch nicht standardmässig verwendet werden, sind durch Mikrosystemtechnologien preisgünstig zu erzeugen, im Gegensatz zu makroskopischen Systemen wie Ventilatoren. Trotzdem wird zumindest die Komplexität der Systeme durch Kühlungsvorrichtungen erhöht. Photonen geben demgegenüber kaum Energie an die Prozessorelemente ab, sodass keine Wärmeentwicklung entsteht, und kaum Verstärker eingsetzt werden müssen.

EA-Bestandteile und ihre photonische Implementierung
Evolutionäre Verfahren werden durch die drei Charakteristika Population, Variation und Selektion charakterisiert, wobei die Voraussetzung der Selektion die Evaluation von Lösungsversuchen ist. Durch die Existenz einer Population oder einer Hierarchie von Populationen sind EA speicherintensive Verarbeitungsprozesse, sodass eine allgemeine Hardwareunterstützung von EA eine parallele Speicherung und Verarbeitung der Individuen in den Populationen erfordert.
Repräsentation von Individuen

Die erste Frage, die in einem EA geklärt werden muss, betrifft die Repräsentation der Individuen. Möglich ist dabei eine Binärkodierung wie bei den Genetischen Algorithmen, oder reellwertige Kodierungen, wie z.B. bei ES oder EP. Binäre Kodierungen können in optischen Systemen durchgeführt werden, indem beispielsweise ein Schwarz-Weiss-LCD benutzt wird, um ein zwei-dimensionales Bitmuster zu erzeugen, das von einer abbildenden Optik auf ein photoempfindliches Medium projiziert wird. Bei reellen Kodierungen wird die Intensität der einzelnen Pixel in einem Display als analoge Repräsentation verwendet, und in einem photoempfindlichen Medium gespeichert. Erfolgt in dem Medium eine Speicherung durch den (möglicherweise reversiblen) Wechsel eines Molekülzustandes in einen anderen, so handelt es sich um eine binäre Kodierung , wobei analoge Repräsentationen erreicht werden, indem eine Region des Mediums betrachtet wird, in der die relative Anzahl der Wechsel als analoger Wert verwendet wird.

Variation durch Mutation
In EA wird eine Zwischenpopulation von Nachkommen durch Variationsoperationen der Elternindividuen durchgeführt, wobei Rekombinations- und Mutationsoperationen verwendet werden. Es existieren auch einzelne EA wie EP, bei denen nur Mutationsoperationen durchgeführt werden, d.h. Mutation ist immer erforderlich, während Rekombination ein Charakteristikum von geschlechtlichen Reproduktionsformen ist.

In PEHW muss somit zumindest eine Mutationsoperation implementiert werden, d.h. ein Kopiervorgang eines Elternindividuums kann mit einem bestimmten Fehlermass versehen werden. Bei binärer Kodierung bedeutet dies, dass eine bestimmte Anzahl von Bits pro Muster probabilistisch ausgetauscht werden, während bei analoger Kodierung die Intensität einer zufälligen Anzahl von Komponenten um einen zufälligen Betrag erhöht oder gesenkt wird.

Eine Mutation gelingt bereits durch nicht perfekte Abbildungsmaterialien und Abbildungsverfahren bei abbildenden optischen Geräten wie Linsensysteme oder Spiegel, wobei diese Form der Mutation jedoch nur schwer regelbar ist, z.B. durch die mehrfache Reflektion, um eine höhere Mutationsrate zu erhalten. Einen grösseren Einfluss erhält man, wenn ein zu mutierendes Muster mit einem Rauschen überlagert wird, wobei das Mass des Rauschens eine Systemvariable ist. Dies eröffnet auch die Möglichkeit, einzelne Komponenten des Musters, d.h. Objektvariablen des Individuums, mit unterschiedlich starkem Rauschen zu überlagern, sodass Formen von ES und EP simulierbar werden.

Variation durch Rekombination
Allgemein soll die Rekombination in einem optischen System als Überlagerung (Interferenz) zweier oder mehrerer Muster wie den Objektvektoren der beteiligten Elternindividuen, verstanden werden, wobei dies bei optischen Systemen leicht parallel für die Muster durchgeführt werden kann, anstatt komponentenweise wie bei einer Register-Architektur. Bei der Überlagerung muss beachtet werden, dass additive wie subtraktive Überlagerungen möglich sind, da beispielsweise bei der Durchführung nur einer additiven Überlagerung die Intensitätswerte bis zu einem Maximum ansteigen werden. Durch die Wellennatur der Photone kann dies leicht durchgeführt werden, indem Phasenverschiebungen in den Überlagerungsprozess einbezogen werden, bzw. wenn eine Phasenverschiebung als globaler Mutationsprozess in einer kombinierten Mutations-Rekombinationsoperation eingesetzt wird.

Es existieren eine Reihe unterschiedlicher Formen von Rekombinationsarten (siehe Bachelier (1998b)). Eine intermediäre Rekombination zweier analoger Muster ergibt sich einfach durch die Überlagerung der beiden Elternmuster. Eine diskrete Rekombination zweier analoger Muster erfordert die Erzeugung zweier binärer, zufälliger, inverser Templatemuster, die jeweils auf ein Muster des Elternteils angewendet wird. Auf diese Weise werden einzelne Komponenten ünernommen, und die anderen werden als unbesetzt interpretiert. Es entstehen zwei Zwischenmuster, wobei durch die inverse Struktur der Templates die besetzten Komponenten des einen Musters mit den unbesetzten Komponenten des anderen Musters korresponieren. Werden die beiden Zwischenmuster überlagert, so ergibt sich das Muster des Nachkommen, das durch diskrete Rekombination erzeugt wurde.

Evaluation
Die Evaluation von neuen Nachkommen einer Population kann der Anteil mit dem grössten Aufwand innerhalb eines EAs sein, sodass es sinnvoll sein kann, Fitness-Approximationsmodelle anstatt der richtigen Fitnessfunktion zu verwenden, die wesentlich effizienter zu berechnen sind (siehe Bachelier (1999d)). Die Möglichkeiten mit PEHW Fitness-Approximationsmodelle zu erzeugen, birgt ein grosses Potential, das von der Anwendung von Optischen Neuronalen Netzen (ONN, siehe (Denz (1998)) abgeleitet wird. Es existieren vielfältige Ansätze der Implementierung von Feedforward-Netzen in optischen Systemen, die für die Approximation von Funktionen genutzt werden können. Hierbei ist wiederum die Parallelisierbarkeit von optischen Systemen von grossem Vorteil, da ein zwei oder drei-lagiges Feedforward-Netz erzeugt werden kann, dessen Neurone parallel arbeiten, und somit die Berechnung eines Funktionswertes in einer kleinen, konstanten Zeiteinheit durchgeführt werden kann.

Grundlegend für ONN sind Hologramme, die als Gewichtsmatrix dienen, und somit Neurone zweier nachfolgender Schichten miteinander verbinden (siehe z.B. Denz (1998:340ff)). Die Nutzung von ONN bezieht sich auf folgende Anwendungen, wobei das ONN im Rahmen der Fitness-Evaluation einer EA eingesetzt wird:

1) Softwaremässige Berechnung eines Feedforward-NN als Fitness-Approximationsmodell, und Umsetzung in eine optische Implementierung,

2) Evolutionäres Lernen eines ONN.

Bei der optischen Implementierung von Feedforward-NN müssen bekannte Gewichtsfaktoren in Hologramme umgesetzt werden, wozu digitale Hologramme benutzt werden, d.h. Hologramme werden berechnet und durch einen Belichter in ein optisches Medium umgesetzt, wie z.B. durch die Programme Digihol und DigiholV (für Flächen- und Quasi-Volumen-Hologramme). Die Umsetzung einer Gewichtsmatrix in ein Hologramm durch ein solches Programm ist eine Anwendung, die im Rahmen eines Teilprojektes durchgeführt werden soll. Die vollständige Simulation auf der Ebene der Hologramme erscheint demgegenüber als ein zu aufwendiges Vorgehen, bei dem eine Population von digitalen Hologrammen erzeugt und entwickelt wird, deren Approximationsleistung in einem simulierten ONN evaluiert wird.

Als Adaptionsverfahren der softwaremässigen Berechnung eines Feedforward-NN kann auch eine evolutionäre Vorgehensweise verwendet werden, was zum einen einen Effizienznachteil besitzt, da lokale Adaptionsverfahren für NN mit wesentlich weniger Aufwand zu einem lokalen Optimum einer Fehlerfunktion führen. Andererseits besitzt ein evolutionäres NN-Lernverfahren den Vorteil, dass damit gleichzeitig die Struktur und die Gewichte ermittelt werden können, im Gegensatz zu lokalen NN-Adaptionsverfahren, bei denen die NN-Struktur, d.h. insbesondere die Anzahl und die Ausprägung der Hidden-Layer, extern vorgegeben werden muss. Ein weiterer Vorteil ist die Nicht-Lokalität der evolutionären Adaptionsverfahren, d.h. es wird nicht das nächste Minimum der Fehlerfunktion gefunden, sondern möglicherweise das globale Optimum.

Prinzipiell kann argumentiert werden, dass alle optischen Systeme, mit denen ein adaptives Neuronales Netz implementiert werden kann, auch dazu geeignet sind, mit evolutionären Verfahren ein Neuronales Netz zu bilden, da die evolutionären Lernmechanismen mit Variation und Selektion einfacher sind, als die lokalen NN-Adaptionsverfahren bei speziellen Netztypen.

PEHW mit evolutionär gelernten Fitness-Approximationsmodellen, die auch während des Generationsverlaufes immer weiter durch neue richtige Fitness-Cases optimiert werden, können als die am weitesten entwickelte Form von PEHW interpretiert werden, da alle Komponenten eines EA durch photonische Komponenten implementiert sind.

Selektion

Als letzte Komponente von EA-Systemen verbleibt die Selektion von Individuen, was jedoch kein Problem ist, wenn die Individuen einen Fitnesswert oder eine Fitnessschätzung besitzen. Die Individuen, die nicht in die Nachfolgegeneration einer Population übernommen werden, werden gelöscht oder durch neue Nachkommen überschrieben, unabhängig ob es sich dabei um einen elektronischen, magnetischen oder optischen Speicher handelt.

Konfiguration von photonischer Hardware durch EA

Photonische Hardware besteht aus einer Menge von Basiselementen wie Photonenquellen (z.B. Laser verschiedener Frequenzen), Linsen, Prismen, Spiegel, Filter, photonische Gitter, Speichermedien wie Hologramme, Photonendetektoren, usw. Basiselemente dieser Art werden zu einer funktionellen, photonischen Hardware konfiguriert, wobei die Konfiguration durch EA durchgeführt werden kann, genauso wie analoge, elektronische Basiselemente durch einen GP nach Koza konfiguriert werden können.

Die Evaluation von Eigenschaften einer photonischen Hardware kann durch die physische Realisierung durchgeführt werden, d.h. durch einen entsprechenden Versuchsaufbau, oder durch Simulation, wie bei der Simulation analoger elektronischer Elemente durch SPICE. Z.B. kommt als Evaluationssystem Mathematica-Paket Optica in Frage, wobei wiederum die prinzipiellen Bedenken gegenüber kommerziellen Programmen im Rahmen von Open-Source-Entwicklungen anzuführen sind.

Photonische GP-Systeme

Gelingt die Erzeugung photonischer Transistoren, so können auch logische Gatter gebildet werden, und somit auch konventionelle von-Neumann-Architekturen auf der Basis von Registern bzw. deren Verallgemeinerung zu einer Matrix. Damit sind nicht nur EA wie ES, EP und GA möglich, die Optimierungsaufgaben durchführen, sondern damit werden auch photonische GP-Systeme möglich, bei denen Individuen als Programme vorliegen und durch die photonischen Register bearbeitet werden können. Durch die hohe Taktfrequenz und die Parallelisierbarkeit sind somit Systeme möglich, die elektronischen GP-Systemen weit überlegen sind.

Photonische FPGAs

Eine besondere Art der Rekonfiguration in elektronischen, digitalen Systemen wird durch die Einführung von Gattern innerhalb von FPGAs erreicht. Können photonische Transistoren und somit photonische Gate-Strukturen erzeugt werden, so können auch rekonfigurierbare Gatter und damit photonische FPGAs erzeugt werden. Mit einer solchen Struktur ist das photonische Analogon zur elektronischen, digitalen EHW erreicht.

Photonische 1SyT

Ein wesentlicher Beitrag zur EHW könnte durch Systeme geleistet werden, die auf der Ebene der Transistoren anstatt auf der Ebene der Gatter konfigurierbar sind. Im Hardware-Projekt HW04 wurde die Hypothese formuliert, dass Systeme auf der Basis von analogen 1-Synapse-Transistoren (1SyT), die von Chris Diorio in CMOS-Techniken entwickelt wurden, EHW ergeben, die leistungsfähiger sind, als die EHW auf der Basis von Gattern.

Ein Teilprojekt innerhalb der photonischen EHW kann die Realisierbarkeit von photonischen 1SyT durch photonische Kristalle untersuchen. Eine variable Verknüpfungsstruktur einer zwei-dimensionalen Ebene von 1SyT könnte dabei durch Hologramme geleistet werden.

Im Rahmen des Hardware-Projektes HW04 wurde als ein Teilprojekt integrierte Sensor-Processing-Systeme und Sensor-Processing-Aktor-Systeme betrachtet, bei denen lokale Verarbeitungen durch 1SyT-Systeme übernommen werden, wobei die Inputdaten durch lokale Sensoren gewonnen werden, und eventuell die Outputdaten durch lokale Aktoren umgesetzt werden. Als Beispiel wurden künstliche Retinasysteme betrachtet, sodass es sich anbieten würde, alle Schritte durch photonische Teilsysteme zu implementieren. Dies würde bedeuten, dass ein Sensor Photonen sammelt, aber nicht in elektrische Signale umsetzt, sondern durch optische Leitungen, die auch durch photonische Kristalle realisiert werden, direkt an eine Architektur photonischer 1SyT weiterleitet. Sollten nicht genügend Photone vorliegen, so könnten optische Verstärker zwischengeschaltet werden. Nach der Verarbeitung durch die 1SyT-Architektur wird der Output, der ebenfalls durch Photone kodiert ist, an ein lokales Aktorsystem weitergeleitet, beispielsweise indem ein lokaler Mikro-Laser getriggert wird. Der Sensor, die 1SyT-Architektur und der Aktor bilden eine funktionale Zelle oder Modul. Zellen dieser Art können parallel auf einer Ebene implementiert werden, mit lokalen Verbindungen, ähnlich wie bei einem zwei-dimensionalen zellulären Automaten, sodass die Zustände von Nachbarn in die Verarbeitungsprozesse einer Zelle eingehen können. Indem ein Delay zwischen Sensor-Input und Aktor-Output möglich wird, können mit diesen Nachbarschaftsbeziehungen komplexe Berechnungen und Analysen des gesamten Inputmusters durchgeführt werden.

Ein Gesamtsystem könnte aber auch aus zwei parallelen Ebenen dieser Zellen bestehen, zwischen denen ein Hologramm angeordnet wird, das zur Verbindung des Outputs einer Ebene zum Input der anderen Ebene verwendet wird, d.h. der Output eines optischen Aktors kann an viele Sensoren auf der anderen Ebene verteilt werden, wodurch auch Langreichweiten-Verbindungen möglich werden, die aufgrund des benötigten Platzes bei elektronischen Systemen nicht zu realisieren sind.

Evolutionäre Suche nach neuen photonischen Prozessorelementen bei gegebenen Materialien

Die Konfiguration von photonischer Hardware und die Suche nach neuen Prozessorelementen haben eine Schnittmenge, wenn optische Materialien mit bestimmten Eigenschaften z.B. im Rahmen des Mathematica-Paketes Optica definiert werden können.

Von besonderen Interesse ist jedoch hier die Suche nach photonischen Kristallen (auch photonische Gitter oder optische Halbleiter genannt), die bestimmte optische, mechanische, chemische, usw. Eigenschaften besitzen, und die leicht und kostengünstig herzustellen sind. Weitere Prozessorelemente sind Mikro-Laser und Detektoren.

Man kann im Gegensatz zu elektronischen Systemen das Verhalten eines photonischen Kristalls mittels der Maxwellschen Gleichungen exakt berechnen, sodass photonische Prozessorelemente und Architekturen exakt simulierbar und somit evaluierbar sind. D.h. die Fitnessbestimmung von photonischen Systemen ist beispielsweise durch Softwaresysteme wie MAFIA (Solution of MAxwell's equations using a Finite Integration Algorithm) von Prof.Dr.-Ing. Thomas Weiland durchführbar, die Maxwellsche Gleichungen effizient und mit einer dem Problem anpassbaren Auflösung berechnen können.

Neue photonische Prozessorelemente ergeben sich dann, wenn man verschiedene Materialien in neuen Konfigurationen, d.h. in räumlichen Strukturen zueinander definiert. Werden bekannte Materialien hierfür verwendet, so lassen sich die Eigenschaften der neuen photonischen Prozessorelemente berechnen und die physikalische Realisierung ist gesichert.

Evolutionäre Suche nach neuen photonischen Materialien

Die evolutionäre oder aktiv-evolutionäre Suche nach Materialien kann durch Simulation der physikalischen Eigenschaften auf einem atomaren oder molekularen Niveau erfolgen, oder es können Hardware- bzw. Wetware-Suchprozesse, verwendet werden, d.h. Suchprozesse die auf kombinatorischer oder evolutionärer Chemie basieren. Damit besitzt dieses Teilprojekt eine direkte Beziehung zu dem Hardware-Projekt HW07, bei dem analoge EHW durch Nicht-Standard-Materialien gesucht wurde, wobei dort der Schwerpunkt auf elektronischer und eventuell magnetoelektronischer Hardware liegt. Mit genau den gleichen Methoden und Verfahren kann nach photonischer Hardware gesucht werden, wobei Polymere und evolutionäre DNA-Chemie potentielle Materialklassen darstellen.

Z.B. können sich bestimmte Polymere zu Micellen verbinden, die selbstorganisierend eine zwei- oder drei-dimmensionale Struktur bilden, die als photonischer Kristall verwendet werden kann (siehe nachfolgende Abbildungen):

Photo: S. A. Jehnekhe, University of Rochester, N.Y

Ein photonisches Gitter aus Micellen:
Links schematischer Aufbau, rechts rasterelektronenmikroskopische Aufnahme eines Micellfilmes aus rod-coil-Block-Copolymeren auf einem Aluminiumsubstrat. Die Löcher in der Wabenstruktur entsprechen den Innenräumen der Micellen im Bild links. Die Abstände der Gitterbausteine entsprechen einer Wellenlänge aus dem Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums.

 

Es existieren auch Proteine, die als Grundlage optischer Speicher oder allgemein optischer Prozessorelemente verwendet werden können. Das Protein Bakteriorhodopsin ist eines der vielversprechendsten organischen Speichermaterialien, das auch für Hologramme eingesetzt werden kann (siehe nachfolgende Abbildung):

Varianten dieses Proteins könnten durch evolutionäre In-Vitro-Verfahren erzeugt werden, oder es könnte versucht werden, eine evolutionäre DNA-Chemie zu entwickeln (siehe Hardware-Projekt HW07), die auf die Erzeugung photonischer Strukturen spezialisiert ist. Ein Beispiel einer gentechnologischen Variante ist BR-D96N, das von der Firma MIB (Munich Innovative Biomaterials GmbH) vertrieben wird, und dessen Verweilzeit in einem bestimmten Zustand nach einer photonischen Anregung durch eine Regelung des pH-Wertes der Lösung, in dem sich das Peptid befindet, verändert werden kann.

 

Die im Hardware-Projekt HW07 beschriebenen Verarbeitungsprozesse wie Drucken, Stempeln und Nano-Schreiben könnten auch für die Strukturierung von photonischen Systemen verwendet werden. Insbesondere die 3-dimensionale, massiv parallele Strukturierung ist hierbei hervorzuheben, da die Überkreuzbarkeit und die fehlende Energieabgabe photonische Systeme auszeichnen.

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Referenzen

Denz, Cornelia: Optical Neural Networks. Vieweg, 1998.

Diorio, Chris: Neurally Inspired Silicon Learning: From Synapse Transistors to Learning Arrays, . 1997.

Sipper, M.; Mange, D.; Perez-Uribe, A.: Evolvable Systems: From Biology to Hardware. Springer, 1998.

 


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Dokument zuletzt geändert am 05.12.1999