Evolutionäre Kunst


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Selbstorganisierende Malerei


Günter Bachelier
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Gestaltbildung in nichtlinearen dynamischen Systemen Unter selbstorganisierender Malerei lassen sich alle Maltechniken zusammenfassen, die zur Gestaltbildung physikalische Eigenschaften der verwendeten Objekte einsetzen, wobei diese Objekte ein nichtlineares, dynamisches System erzeugen, dessen zeitlicher Verlauf Muster bildet, die als Motive verwendet werden können.
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Zwischenzustände und Gleichgewichtszustand
Die prinzipielle Eigenschaft dieses Systems ist somit die Dynamik der Gestaltbildung durch immanente physikalische Kräfte, was einer Selbstorganisation der entsprechenden Materialien entspricht. Ausgehend von einem Anfangszustand entwickelt sich ein solches dynamisches System selbständig bzw. durch Regelungsoperationen von Außen, indem eine Sequenz von Zwischenzuständen durchlaufen wird, bis ein Gleichgewichtszustand eintritt. Der Gleichgewichtszustand besitzt meist wenig interessante ästhetische Eigenschaften, sodaß die Zwischenzustände die Motive sind, die dem eigentlichen Interesse des Künstlers gelten. Ausnahmen sind beispielsweise bestimmte Systeme, die Oberflächenspannungen als Antrieb für den Selbstorganisationsprozeß benutzen, und bei denen ein Gleichgewichtszustand erreicht wird, der eine größere Komplexität als die der Zwischenzustände besitzt (siehe Abb. 1).
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Aufgaben des Künstlers

Die Aufgaben des Künstlers innerhalb dieses Selbstorganisationsprozesses besteht zunächst in der Bereitstellung der verwendeten Objekte, bei denen es sich meist um Flüssigkeiten handelt. Diese Objekte werden in bestimmten Mengen und in bestimmten Konfigurationen zueinander räumlich in Beziehung gesetzt, was dem Initialisierungszustand der Selbstorganisation entspricht.

Ausgehend von diesem Initialisierungszustand entwickelt sich der Gestaltbildungsprozeß, wobei der Künstler durch Regelungsoperationen wie z.B. dem Hinzufügen neuer Objekte, oder der räumlichen Rekonfiguration von vorhandenen Objekten auf diesen Selbstorganisationsprozeß einwirken kann.

Die Sequenz der einzelnen Zwischenzustände ist in den meisten dynamischen Systemen die hier betrachtet werden zeitlich irreversibel, d.h. aufgetretene Zustände treten nur einmal auf, und sind dann sozusagen verloren. Diese Eigenschaft macht eine Form der Dokumentation der Zwischenzustände notwendig, wobei Fotographie und Film bzw. Video hierfür geeignete Mittel sind. Die Aufgabe des Künstlers besteht in diesem Zusammenhang in der klassischen Kompositionsentscheidung, bei der entschieden werden muß, wann welcher Ausschnitt eines Objektes oder eines Geschehens fotographiert oder gefilmt werden soll.

Die sich ergebenden Aufnahmen sind als Rohmaterialien zu verstehen, mit denen der Künstler weiter arbeitet, indem er seine subjektiven Bewertungen einbringt, und somit bestimmte Aufnahmen bzw. Ausschnitte aus Aufnahmen selektiert und andere verwirft. Das ausgewählte Material kann in vielfältiger Weise durch den Künstler weiterverarbeitet werden, wobei die Digitalisierung und die Verwendung der Motive in einem weitergehenden computerunterstützten Prozeß möglich ist. Die Verwendung von Motiven aus einer selbstorganisierenden Malerei im Rahmen eines computerunterstützten, evolutionären Prozesses ist genau die Vorgehensweise, die bei meiner datenorientierten, computerunterstützten, evolutionären Kunst gewählt wird.

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Selbstorganisation und aktiver Interaktionspartner Indem das Material bei der selbstorganisierenden Malerei eine Eigendynamik besitzt, wird es zu einem aktiven Interaktionspartner im Rahmen der Interpretation des Kunstprozesses als Interaktion bzw. Kommunikation.
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Volkhard Stürzbecher Ein anderer Künstler, der sich mit der selbstorganisierenden Gestaltbildung beschäftigt, ist Volkhard Stürzbecher aus Neustadt an der Weinstraße (Reichert (1996)).
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Musterbildung durch Oberflächenspannung

Ein Gestaltbildungsprozeß, den Volkhard Stürzbecher verwendet, ist die Musterbildung durch Oberflächenspannung. Treffen zwei oder mehrere Flüssigkeiten mit einer unterschiedlichen Oberflächenspannung aufeinander, so versuchen sie durch die Bildung von verzweigten Ausläufern (Finger) ein Gleichgewichtszustand zu erreichen (siehe Abb. 1).

Abb. 1) Musterbildung durch Oberflächenspannung

© 1996 by Spektrum der Wissenschaft

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GrenzflŠchendynamik (Viscous fingering)

Ein anderer Gestaltbildungsprozeß, den Volkhard Stürzbecher verwendet, ist das viscous fingering, bei dem sich zwischen zwei parallelen Glasplatten eine viskose Flüssigkeit befindet, in die eine andere Flüssigkeit mit einer kleineren Viskosität injiziert wird (GrenzflŠchendynamik). Es entstehen wandernde Grenzflächen zwischen den beiden Flüssigkeiten, die wie pflanzliche Strukturen weiterwachsen (Abb. 2)). Indem der Künstler die Art der Flüssigkeiten auswählt, d.h. indem er die Initialisierungbedingung festlegt, und indem die Glasplatten rhythmisch auseinander gezogen werden, existieren Möglichkeiten der Einflußnahme auf die Musterbildungsprozesse.

Abb. 2) Viscous fingering

© 1996 by Spektrum der Wissenschaft

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Referenz

Reichert, Uwe: Bilder, die sich selber malen - Gestaltbildung in nichtlinearen dynamischen Systemen. In: Spektrum der Wissenschaft, September, 1996, Seite 115.

http://www.stuerzbecher.de

 


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